
Anfangs suchten wir in allen möglichen Teilen der Stadt und lernten dabei immer neue Ecken kennen. Warum wir nicht einfach in unserem Wohngebiet gesucht haben?
1. Es gehört zu den teuersten Trondheims, deshalb wollten wir erst mal sehen, was es sonst noch so gibt.
2. Außerdem gab es in unserem Gebiet nur alte Holzhäuser, die an jeder Ecke knatschen und wir waren eher auf der Suche nach einer neueren Wohnung ohne Renovierungsbedarf.
Über die Wochen und Monate haben sich bei uns die Wohnungsprospekte angehäuft, wir müssen insgesamt so zwischen 40 und 50 Wohnungen besichtigt haben. An die meisten kann ich mich kaum noch erinnern. Zunächst wollten wir uns einfach einen Überblick über den Wohnungsmarkt verschaffen und dabei neue Stadtteile entdecken. Es war interessant mehr von der Stadt zu sehen und verschiedene Wohnungen zu vergleichen. Irgendwann aber kam die Ernüchterung, es wurde leicht frustrierend, weil die Objekte meist in einem deutlich schlechteren Zustand waren, als die Bilder es versprachen und dazu stiegen die Preise mehr als wir erwartet hatten. Unsere gesamte Wohnungssuche dauerte fast ein Jahr.

Wie läuft eine Wohnungssuche in Norwegen ab?
Zunächst schaut man bei finn.no nach Wohnungsanzeigen. Man kann auch auf den Webseiten der einzelnen Maklerbüros schauen, aber diese posten in der Regel sowieso alles bei Finn. Dort kann man sich schon mal einen Überblick über die Immobilie verschaffen. Neben professionellen Fotos erfährt man hier die Größe, das Baujahr, den Energiewert, etwas über die Lage und kann sich ein Prospekt mit allen Infos und Daten der letzten Überprüfung durch einen unabhändigen Sachverständigen runterladen.
Die Wohnungsbesichtigung
Die Besichtigungstermine sind öffentlich und vorher fest gelegt. Sie finden in aller Regel zwischen Montags und Donnerstags um 17 oder 18 Uhr statt und dauern meist eine Stunde. Unsere Feierabendroutine bestand also lange darin, uns direkt nach der Arbeit in der Stadt auf einen kleinen Bissen zu treffen und dann mit dem Bus zu den verschiedenen Wohnungen zu fahren. Das Busnetz ist zwar in Trondheim nicht schlecht ausgebaut, aber meist waren wir durch Umsteigen und Wartezeiten trotzdem mehrere Stunden unterwegs.
Bei den öffentlichen Besichtigungterminen ist in der Regel nur der Makler anwesend. Wir haben bei einigen Wohnungen zusätzlich einen privaten Besichtigungstermin vereinbart um uns genauer umsehen und mit dem Eigentümer sprechen zu können. Dabei erfährt man meist noch mehr, da der Makler nur begrenzte Informationen hat.
Wie läuft eine Besichtigung in Norwegen ab?
Die Wege zur Immobilie sind vor Ort meist vom Makler ausgeschildert. Bei sehr beliebten Immobilien muss man schon vor der Wohnungstür über einen Haufen Schuhe steigen, da die Norweger nämlich immer ihre Schuhe vor der Tür ausziehen.
Meist wird man gleich beim Betreten der Immobilie vom Makler empfangen und bekommt die gedruckte Version des Wohnungsprospektes (salgsoppgave) in die Hand gedrückt. Die Besichtigung selbst dauerst meist ca. 10-20 min. Wer sehr interessiert ist, bleibt auch gern mal bis zum Schluss um sich alles genau anzusehen und dem Makler in Ruhe Fragen stellen zu können.
Dabei darf (und sollte man auch) Schubladen und Türen von Einbauchränken öffnen oder den Wasserhahn kontrollieren. Warum das ratsam ist? Es gibt zwar einen unabhängigen Sachverständigen, der die Immobilie vor dem Verkauf z.B. Schäden durch Feuchtigkeit u.Ä. prüft, aber auch et fängt nicht alles auf. Wir haben z.B. bei unserem jetzigen Haus bei der privaten Besichtigung nicht in den Kühlschrank geschaut. Nach dem Kauf kam dann die Überraschung: die Lampe im Kühlschrank war braun verschmort und ein penetranter Geruch ging von ihr aus. In solchen Fällen greift die Käuferversicherung leider nicht. Denn wir hätten den Mängel bemerken können und eine Ausbesserung würde keinen wesentlichen Anteil des Kaufpreises ausmachen. Für uns stand zum Glück schon vorher aus mehreren Gründen fest: eine neue Küche muss her.
Ist man interessiert und könnte sich einen Kauf vorstellen oder möchte man zumindest über die Gebote für das Objekt informiert werden, schreibt man seinen Namen, Adresse und Telefonnummer auf eine Liste des Maklers.
Nach der Besichtigung
Nach der Besichtigung sollte man sich schnell entscheiden, ob man die Immobilie kaufen möchte und wie viel man bereit ist dafür zu zahlen. Warum? Die meisten Wohnungen, die in einigermaßen gutem Zustand waren, wurden bereits am nächsten Nachmittag verkauft.
Das Bietverfahren
Das Bietverfahren beginnt ca. 12 Uhr am folgenden Tag. Das erste Gebot gibt man per E-Mail ab, mit einer Kopie seines Ausweises und der Telefonnummer seines Ansprechpartners bei der Bank. Die weiteren Gebote kann man dann per SMS abgeben. Bei einigen beliebten Wohnungen staunten wir nicht schlecht, als der Verkaufspreis (mit dem wir gerechnet hatten) letztendlich um 1 Mio Kronen (ca. 100.000 Euro) höher lag als der Anfangspreis aus dem Wohnungsprospekt.
Wir hatten uns immer vorher eine klare Grenze gesetzt, um gar nicht in Versuchung zu kommen, doch noch mehr zu bieten. Grotzdem war es manchmal nervenaufreibend. Wir haben nur ein Paar Mal bei Wohnungen mitgeboten und mussten dann aussteigen, weil es uns zu teuer wurde.
Während die Wohnungssuche uns anfangs noch Spaß bereitete, kam irgendwann die Ernüchterung. Irgendwas war immer: zu weit vom Zentrum entfernt, Lärmquellen in der Nähe, alles aus Holz, viel Renovierungsbedarf, zu groß, zu klein usw. Wir waren auf der Suche nach einer Wohnung mit 2 Schlafzimmern und einem Balkon, haben uns aber auch ein Paar Reihenhäuser angeschaut, weil wir neugierig waren.

Zu dem Zeitpunkt waren wir aber noch nicht bereit für ein Haus, deshalb entschieden wir uns erst mal bei einer Wohnung zu bleiben. Ich erinnere mich an eine Reihenhauswohnung, die ein deutscher Mann und seine norwegische Frau verkauften und wir sagten, dass wir eigentlich keine drei Schlafzimmer brauchten, weil wir nur zu zweit sind. Er sagte dann, dass es bei ihnen auch so war, die Kinder dann aber ziemlich schnell nach dem Wohnungskauf folgten. So weit waren wir aber noch nicht, erst mal musste eine bezahlbare erste Wohnung her, die kein zu großes Risiko für uns dastellte.
Eines Tages hatte ich meine Traumwohnung in der Nähe unserer Mietwohnung gefunden. Sie befand sich in einem Blockhaus, war also aus Beton statt Holz. Sie war natürlich sehr beliebt.
Am selben Abend gab es noch eine Besichtigung für eine weitere Wohnung, die uns eigentlich etwas zu weit außerhalb lag. Beim genaueren Hinsehen stellten wir dann aber fest, dass unser Arbeitsweg mit dem Bus zwar etwas länger dauerte, der Bus dafür aber alle 10 statt 20 min fuhr. Wir fuhren also noch spontan zu der zweiten Wohnung und waren beide positiv überrascht.


Während die erste Wohnung Baujahr um die 70er Jahre hatt, war diese hier von 2008. Alles sah schick und neu aus, sie war gut isoliert, besaß einen großen Balkon, eine Ventilationsanlage für gleichmäßige Belüftung, einen begehbaren Kleiderschrank und war über Außentreppen erreichbar, sodass wir ein bisschen Hausfeeling bekamen. Dafür lag sie im vierten Stock, weil wir aber keine Kidner hatten, war es ja kein Problem für uns. Obwohl ich immer noch skeptisch wegen der Lage war, ging mir diese schöne Wohnung über Nacht nicht aus dem Kopf.

Am nächsten Tag musste ich während der Arbeit immer wieder nebenbei auf’s Handy sehen um die Nachrichten über die Gebote verfolgen zu können. Das eigentliche Bieten überließ ich dabei lieber meinem Mann, das war mir zu aufregend.

Wir wollten zunächst erst mal sehen, wie sich der Preis der ersten Wohnung entwickelte. Bevor wir überhaupt selbst ein Gebot abgeben konnten, stand fest, dass die Wohnung zu teuer für uns wurde. Gleichzeitig hatte ich Angst, dass jemand uns die andere schöne Wohnung weg schnappen könnte, tatsächlich hatte dafür aber noch niemand geboten. Nach einem kurzen Telefonat mit meinem Mann, der ebenfalls im Büro saß und die Gebote verfolgte, beschlossen wir ein Gebot für die zwete Wohnung abzugeben.

Die Wohnfläche war bei beiden Wohnungen in etwas gleich mit rund 70 qm, der Anfangspreis war aber bereits geringer, obwohl sich die Wohnung in einem besseren Zustand befand. Die Lage war aber anscheinend nicht so beliebt. Mein Mann gab also unser Gebot ab, dass unter dem Anfangspreis lag, der Makler meldete sich gleich telefonisch und teilte uns mit, dass der Verkäufer sich den in der Wohnungsanzeige genannten Anfangspreis wünscht und sonst nicht verkauft, da dieser Preis für uns immer noch relativ niedrig war, stimmten wir zu und bekamen sofort den Zuschlag. Ich weiß nich wie aufgeregt und hibbelug ich die ganze Zeit war. In der Mittagspause wurde ich von meinen Kollegen beglückwünscht. Die meisten von ihnen wussten selbst wie aufregend so eine Bietrunde sein kann.

Eine Woche nach dem Kauf unterschrieben wir den Kaufvertrag. In Norwegen muss man nicht zusätlich zum Notar und einen Eintrag ins Grundbuch vornehmen lassen, sondern man unterschreibt den Vertrag beim Makler und dieser kümmert sich um alle Formalitäten.
Insgesamt wird man hier als Interessent und Käufer idR mit viel Respekt behandelt und die Makler sind stets ansprechbar und hilfsbereit.
Drei Monate nach dem Bietverfahren bekamen wir die Schlüssel und zogen in unsere erste eigene Wohnung, wir waren so voller Vorfreude auf diesen nächsten Schritt nach über drei Jahren mieten unsere erste eigene Wohnung in Norwegen zu beziehen.
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